Nach zehn Jahren an der Spitze der Stadt Köln wird Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei der kommenden Wahl im September nicht erneut kandidieren. In einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärte die parteilose Politikerin, dass ihre zweite Amtszeit zugleich ihre letzte sein werde. Mit ihrer Ankündigung habe sie bewusst gewartet, bis die großen Parteien ihre Kandidatensuche abgeschlossen hätten. Nun sehe sie respektable Bewerber, was ihr die Entscheidung erleichtere. Die Wahl ist für den 14. September angesetzt.
Kritik an der Entwicklung der Stadt
Im Gespräch äußerte sich Reker auch zur aktuellen Situation in Köln. Während sie die Fortschritte in der Digitalisierung und die Bewältigung der Corona-Krise positiv bewertete, sprach sie zugleich von einer „zunehmenden Verwahrlosung“ der Stadt. „Die Mittel, um dem entgegenzuwirken, sind sehr restriktiv“, so Reker. Ein Vorgehen wie in anderen Städten, wo Obdachlose und Drogenabhängige aus dem Stadtzentrum verdrängt würden, finde in Köln keine Mehrheit.
Ein weiteres Problem sieht sie in der Personalnot des Ordnungsamtes. Trotz bestehender Maßnahmen, wie Drogenkonsumräumen, seien die Möglichkeiten der Stadt begrenzt. „Diese Entwicklung ist das Ergebnis gesamtgesellschaftlicher Veränderungen“, so Reker.
Anfeindungen im Alltag
Die scheidende Oberbürgermeisterin berichtete zudem von zunehmenden Anfeindungen im persönlichen Alltag. Beim Einkaufen werde sie häufig von Bürgern konfrontiert und beleidigt. „Ich werde gefragt: ‚Schämen Sie sich nicht für diese dreckige Stadt?‘ Dann sage ich: ‚Doch, ich schäme mich. Schämen Sie sich denn auch?'“ Auch für technische Störungen, etwa an den Rolltreppen der KVB, werde sie persönlich verantwortlich gemacht, obwohl sie darauf keinen direkten Einfluss habe.
Blick auf den Wahlkampf und die Zukunft
Reker, die seit 2015 im Amt ist, war im Wahlkampf vor zehn Jahren Opfer eines rechtsextremen Attentats geworden und hatte lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Trotz dieser traumatischen Erfahrung setzte sie ihre politische Laufbahn fort. Für ihren Nachfolger formuliert sie klare Anforderungen: „Ein stabiler Gesundheitszustand, hohes Engagement und die Bereitschaft, persönliche Interessen zurückzustellen.“ Köln sei eine vielschichtige Stadt mit 180 Nationen und 130 Religionsgemeinschaften, was besondere Herausforderungen mit sich bringe.
Politische Reaktionen auf Rekers Aussagen
Rekers Kritik an der Entwicklung der Stadt sorgte bereits für Diskussionen. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau bestätigte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass Köln zunehmend mit Verwahrlosung und Vermüllung zu kämpfen habe. Besonders offene Drogenszenen an Plätzen wie Wiener Platz, Neumarkt und Ebertplatz müssten konsequenter bekämpft werden.
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