2000 Kilometer weit in den Osten werden die Zielkoordinaten der US-Armee von ihrem Stützpunkt in Wiesbaden – etwas westlich von Frankfurt am Main – geschickt: In der Ukraine werden dann die HIMARS-Raketenwerfer mit diesen Daten gefüttert, dann kommt der Feuerbefehl auf russische Truppenansammlungen oder Stellungen.
Eine aktuelle Recherche der New York Times zeigt: Die amerikanische Beteiligung am Krieg reicht weit tiefer, als bisher bekannt war. Eine geheime Partnerschaft beeinflusste nicht nur strategische Entscheidungen auf hoher Ebene, sondern lieferte auch präzise Zielinformationen direkt an ukrainische Soldaten im Kampfgebiet.
Task Force Dragon arbeitet von Wiesbaden aus
Das Ziel dieser Kooperation war es, Russlands Überlegenheit an Truppen und Waffen auszugleichen. Zu diesem Zweck gründeten die USA eine verdeckte Einheit namens Task Force Dragon. Das Zentrum dieser Zusammenarbeit befand sich im US-Heereshauptquartier in Wiesbaden, Deutschland. Täglich legten amerikanische und ukrainische Offiziere dort gemeinsam Ziele fest – russische Einheiten, Ausrüstung oder Infrastruktur.
US-Geheimdienste durchsuchten laut New York Times Satellitenbilder und abgefangene Kommunikation nach feindlichen Positionen. Die daraus gewonnenen Koordinaten wurden anschließend an die Ukraine weitergegeben.
Um „korrekt“ zu bleiben, wurden Ziele nicht offiziell als „Ziele“, sondern als „Points of Interest“ bezeichnet. Im Frühjahr 2022 genehmigte die US-Regierung die Lieferung von HIMARS-Raketensystemen, die satellitengesteuerte Präzisionsschläge aus bis zu 80 Kilometern Entfernung ermöglichen.
Im ersten Kriegsjahr war die Ukraine stark auf die US-Aufklärung angewiesen. Nahezu jeder HIMARS-Angriff wurde durch Task Force Dragon geprüft und begleitet.
Die Wirkung war enorm: Die russischen Verluste stiegen sprunghaft an, und die ukrainische Gegenoffensive 2022 brachte beachtliche Geländegewinne.
NYT: 36 US-Experten auch direkt in Kiew
Und trotz eines offiziellen Verbots für die Anwesenheit von US-Truppen in der Ukraine stationierte das Pentagon etwa ein Dutzend Militärberater in Kiew – anfangs als „Fachexperten“ getarnt. Später wurde das Team auf 36 Personen erweitert, die auch Kommandoposten nahe der Front besuchten.
Bereits 2022 durfte die US-Marine Zieldaten für ukrainische Drohnenangriffe auf russische Kriegsschiffe außerhalb der Territorialgewässer der Krim liefern. Der CIA war es erlaubt, ukrainische Operationen im Küstenbereich der Krim zu unterstützen – darunter auch geheime Drohnenangriffe auf die russische Schwarzmeerflotte im Hafen von Sewastopol.
Sogar Angriffe auf russisches Staatsgebiet koordiniert
Eine absolute „rote Linie“ war ein Angriff auf russisches Staatsgebiet. Doch im Frühjahr 2024 wurde zum Schutz der Stadt Charkiw ein sogenannter „ops box“ eingerichtet – ein definierter Bereich auf russischem Boden, in dem US-Offiziere präzise Koordinaten an die Ukraine weitergeben durften.
Diese Zone wurde erweitert, nachdem Nordkorea Truppen zur Unterstützung Russlands in die Region Kursk entsandte. In der Folge genehmigte Washington auch Zielhilfe für ukrainische Raketenangriffe im Süden Russlands, wo Moskau Truppen für die Ostoffensive sammelte.
Für die deutsche Bundesregierung ist das alles andere als gut, wenn mit der Hilfe von Experten in einem Stützpunkt auf deutschem Hoheitsgebiet hunderte russische Staatsbürger getötet werden.
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