Die Schuldigen sind überall: Filter, Retusche-Apps, Influencer mit makelloser Haut und chirurgische Eingriffe, die den perfekten Instagram-Look schaffen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Laut der American Society of Plastic Surgeons ist die Zahl minimalinvasiver Eingriffe – wie Botox oder Hyaluronsäure-Filler – allein in den letzten fünf Jahren um 40 % gestiegen. Und warum? Weil wir alle nach einem Ideal streben, das nur in den Tiefen eines Algorithmus existiert.
Der Filter als neue Realität
Instagram, TikTok, Snapchat – sie haben uns eine gefilterte Realität verkauft, in der es keine Falten, Poren oder Makel gibt. Eine Studie der Royal Society for Public Health in Großbritannien zeigt, dass 70 % der 18- bis 34-Jährigen Filter verwenden, bevor sie ein Foto posten. Sie wollen besser aussehen. Aber was heißt „besser“, wenn die Maßstäbe ständig durch Apps wie Facetune neu definiert werden?
„Social Media ist eine digitale Schönheitsindustrie geworden“, sagte die Psychologin Dr. Phillippa Diedrichs von der Universität Westengland in einem Interview mit der BBC. „Es hat einen Punkt erreicht, an dem Menschen anfangen, ihren ungefilterten Spiegelbildern zu misstrauen.“
Und das hat Folgen: Studien zeigen, dass der ständige Konsum gefilterter Bilder mit einem Anstieg von Körperunzufriedenheit und psychischen Problemen wie Depressionen korreliert.
Schönheitsoperationen im Social-Media-Zeitalter
Es sind nicht mehr nur Models oder Schauspieler, die sich unters Messer legen. Die neuen Patienten der Schönheitschirurgie sind jünger, häufig zwischen 20 und 30 Jahren. Sie bringen Selfies in die Praxis und fordern, „so auszusehen wie auf diesem Foto“.
„Wir sehen eine neue Art von Patient“, erklärte Dr. Norman Rowe, ein plastischer Chirurg aus New York, gegenüber der New York Times. „Sie wollen nicht mehr jünger aussehen – sie wollen aussehen wie ein digitaler Filter.“
Der Begriff „Snapchat Dysmorphia“ beschreibt diesen Trend: Ein Zustand, bei dem Menschen ihr Aussehen mit den idealisierten Versionen ihrer selbst vergleichen, die von Filtern erschaffen wurden. Das Ergebnis? Immer mehr Menschen suchen nach chirurgischen Lösungen für Probleme, die in der Realität nicht existieren.
Eine Spirale der Unzufriedenheit
Das Problem ist, dass dieser Kreislauf kein Ende kennt. Social Media füttert uns mit neuen Schönheitsstandards, und Schönheitsoperationen schaffen neue „echte“ Gesichter, die wiederum die digitalen Trends prägen. Es ist ein unheilvoller Tanz zwischen Realität und Fiktion, der niemals zur Ruhe kommt.
Wie der Schönheitschirurg Dr. Anthony Youn es ausdrückt: „Wenn Menschen in den sozialen Medien Schönheit sehen, dann ist das nicht real. Und trotzdem fühlen sie sich schlecht, weil sie glauben, sie könnten dieser Norm nicht gerecht werden.“
Eine Herausforderung für die Realität
Die künstliche Schönheit, die Social Media uns vorgaukelt, ist mehr als nur ein ästhetisches Problem. Sie verändert die Art, wie wir uns selbst sehen, wie wir uns fühlen und wie wir unsere Identität definieren. Die Frage ist: Wie lange können wir dieser Illusion noch standhalten, bevor wir uns endgültig von der Realität verabschieden?
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