Beim kommenden parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Politik-Krimi um den Tod des Sektionschefs Christian Pilnacek vergessen die Grünen kurz auf ihre „Brandmauer“ zur FPÖ: Sowohl FPÖ als auch Grüne wollen nun die Umstände von Christian Pilnaceks Ableben parlamentarisch aufklären.
Der bekannte und ÖVP-nahe Justizbeamte war im Oktober 2023 tot in einem Nebenarm der Donau aufgefunden worden. Darauf folgte „dilettantische Polizeiarbeit“, sagt die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli, die in den meisten bisherigen U-Ausschüssen grüne Fraktionsführerin war.
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker (APA-Bild unten) sieht das ähnlich. Die Polizei habe „möglichst schnell den Deckel draufmachen“ und Pilnaceks Tod als eindeutigen Suizid deklarieren wollen, sagte Hafenecker am Montag auf puls24. Die Causa rund um den einstigen Generalsekretär und Sektionschef im Justizministerium, der viele Geheimnisse aus Strafakten kannte und viel Einfluss hatte, soll das erste Kapitel eines U-Ausschusses zum Innenministerium werden, kündigte Hafenecker an.
Kurz muss erneut unter Wahrheitspflicht aussagen
Mögliche Auskunftspersonen, die unter Wahrheitspflicht antworten müssen, wären Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der offenbar von Pilnacek beraten wurde, sowie Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der immer wieder mit Pilnacek kommunizierte.
Nina Tomaselli (Grüne) hat auch zwei parlamentarische Anfragen eingebracht, an das Innen- respektive Justizministerium: Von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will sie etwa wissen, ob die Polizeiarbeit im Fall Pilnacek eine Prüfung der Internen Revision ausgelöst hat.
Für Peter Pilz, den früheren Grün-Abgeordneten und nunmehrigen Herausgeber von zackzack.at, ist diese innepolitische Entwicklung ein großer Erfolg.
Hintergrund:
Christian Pilnacek (*4. Mai 1963 in Wien; † 20. Oktober 2023 bei Rossatz) war ein bekannter österreichischer Jurist und Spitzenbeamter im Justizministerium. Er gilt als einer der Architekten der aktuellen österreichischen Strafprozessordnung und leitete ab 2010 die Sektion Strafrecht. Von 2018 bis 2019 war er zudem Generalsekretär des Justizministeriums. Pilnacek pflegte enge Kontakte zur Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und beriet diese in Rechtsfragen.
Tod und Ermittlungen
Am 20. Oktober 2023 wurde Pilnacek tot am Ufer eines Donau-Altarms nahe Rossatz, Niederösterreich, aufgefunden. Am Vorabend war er von der Polizei wegen alkoholisierten Geisterfahrens angehalten worden; sein Führerschein wurde entzogen. Eine Bekannte brachte ihn anschließend nach Hause. Später unternahm er einen nächtlichen Spaziergang, von dem er nicht zurückkehrte. Die Obduktion ergab Ertrinken als Todesursache und schloss Fremdverschulden aus.
Kontroversen und Untersuchungen
Trotz des Obduktionsergebnisses kamen Zweifel an der Suizidtheorie auf. Der Journalist Peter Pilz veröffentlichte ein Buch, in dem er die offiziellen Ermittlungen infrage stellte und auf Verletzungen am Körper Pilnaceks hinwies, die seiner Meinung nach nicht durch einen Unfall oder Suizid erklärbar seien. Die Volksanwältin Elisabeth Schwetz leitete daraufhin ein Prüfverfahren zur Polizeiarbeit in diesem Fall ein.
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) forderte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur politischen Einflussnahme der ÖVP auf das Innenministerium, wobei der Fall Pilnacek als Beispiel dient.
Zusätzlich wurde bekannt, dass Pilnaceks Witwe sein Mobiltelefon mit einem Bunsenbrenner zerstörte, was weitere Spekulationen auslöste.
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