Pläne für Krieg: Abhör-Affäre wird zu Problem für Orbán

Pläne für Krieg: Abhör-Affäre wird zu Problem für Orbán

Die ungarische Regierung sieht sich nach der Veröffentlichung einer brisanten Tonaufnahme in einer schweren Krise: In der geleakten Aufnahme ist Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky (APA-Bild unten) zu hören, wie er im April 2023 offen erklärt, dass Ungarn sich bewusst von der bisherigen „Friedensmentalität“ verabschiedet habe und sich in der „Phase Null auf dem Weg zum Krieg“ befinde – exxtra24 hat aktuell berichtet (siehe: www.exxtra24.at/abhor-affare-unser-nachbar-ungarn-plant-fur-einen-krieg/)

Diese Worte stehen in eklatantem Widerspruch zur jahrelangen Außendarstellung der Fidesz-Regierung, die sich als Garant für Frieden in Europa inszeniert.

Regierung verteidigt sich – doch das Image hat gelitten

Die Reaktion der Regierung folgte prompt, aber wenig selbstkritisch. Szalay-Bobrovniczky selbst reagierte mit einem knappen Satz auf seiner Facebook-Seite:

„Ich baue eine Armee auf, die bereit und fähig ist, Ungarn zu verteidigen. Denn für Frieden braucht es Stärke.“

Auch Kanzleramtsminister Gergely Gulyás bekräftigte auf der Regierungspressekonferenz, dass ein schlagkräftiges Militär Grundvoraussetzung für den Frieden sei. Die Ausbildung und Modernisierung der Streitkräfte diene ausschließlich der nationalen Sicherheit. Diese Argumentation soll den scheinbaren Widerspruch auflösen, dass man sich offiziell dem Frieden verpflichtet fühlt, gleichzeitig aber Milliarden in Waffen und militärische Strukturen investiert.

Doch die Aufnahme, in der Szalay-Bobrovniczky offen von einem Bruch mit der bisherigen Linie spricht, untergräbt die Glaubwürdigkeit dieser Erklärungen erheblich.

Ein strategisches Narrativ gerät ins Wanken

Seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verfolgt Viktor Orbáns Regierung eine klare Kommunikationslinie: Während andere EU-Staaten durch Waffenlieferungen angeblich „Öl ins Feuer gießen“, wolle Ungarn nichts als Frieden. Dieses Bild wurde zur Grundlage zahlreicher Wahlkämpfe – auch bei der bevorstehenden Europawahl am 9. Juni ist die zentrale Botschaft: Krieg oder Frieden – Fidesz steht für Frieden.

Doch nun zeigt sich: Intern scheint längst eine andere Strategie zu laufen. In der Aufnahme ist nicht nur von einem mentalen Kurswechsel die Rede, sondern auch von der systematischen Neustrukturierung der ungarischen Streitkräfte. General Gábor Böröndi, inzwischen Generalstabschef, wurde laut Szalay-Bobrovniczky gezielt damit beauftragt, den Wandel umzusetzen – inklusive Personalverjüngung und Loyalitätsprüfung der Offiziere.

Opposition spricht von bewusster Täuschung

Magyar Péter, Vorsitzender der oppositionellen TISZA-Partei, sieht darin einen Skandal ersten Ranges. In einem Video warf er der Regierung vor, die Bevölkerung seit Jahren „systematisch belogen“ zu haben:

„Sie reden von Frieden, während sie im Hintergrund auf Kriegskurs gehen. Das ist kein Fehler – das ist Verrat an den Menschen, für Macht und Geld.“

Für Magyar ist die Aufnahme ein Beweis, dass Ungarns Regierung keineswegs abrüstet.

Die Regierung versucht, das eigene Verhalten mit dem Mantra „Frieden durch Stärke“ zu legitimieren. Doch diese Formel droht zu bröckeln, wenn gleichzeitig alle anderen Länder für exakt dieselbe Strategie – Aufrüstung zur Abschreckung – als kriegstreibend diffamiert werden. Warum soll es kriegsfördernd sein, wenn Deutschland oder Frankreich ihr Militär stärken, aber friedenssichernd, wenn Ungarn dasselbe tut?

Genau dieses Glaubwürdigkeitsdilemma steht nun im Raum. Der Regierung könnte es gelingen, ihre Anhänger mit vertrauter Rhetorik weiter zu überzeugen. Doch gegenüber der internationalen Gemeinschaft – und wachsenden Teilen der eigenen Bevölkerung – bleibt die zentrale Frage unbeantwortet: Kann man glaubhaft lautstark Frieden fordern, während man sich insgeheim auf einen Krieg vorbereitet? Und vor allem: Wer ist der auserwählte Feind? Die Ukraine? Österreich? Slowenien?

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