Kanzler Stocker: Schutz mit Atomwaffen – und die Neutralität bleibt

Kanzler Stocker: Schutz mit Atomwaffen – und die Neutralität bleibt

Während Europa zunehmend unter geopolitischem Druck steht und sich viele Länder militärisch neu ausrichten, bleibt Österreichs Regierung bei ihrem Sonderweg: Die Neutralität des Landes steht nicht zur Debatte, versicherte Bundeskanzler Christian Stocker in einem Interview mit Euractiv. Einen NATO-Beitritt schließt er aus – selbst angesichts wiederholter Kritik aus dem Ausland an der defensiven Rolle Wiens.

„Der NATO-Beitritt ist kein Thema in Österreich“, so Stocker unmissverständlich.

Stocker kündigte zwar an, dass Österreich sein Verteidigungsbudget bis 2032 auf zwei Prozent des BIP anheben wolle, bleibt damit jedoch hinter dem Tempo anderer EU-Staaten zurück, die deutlich schneller investieren. Viele Nachbarländer peilen längst 3,5 Prozent oder mehr an. Stocker rechtfertigte den langsameren Kurs mit der angespannten Haushaltslage: „In Zeiten, wo wir eigentlich einsparen und viele Ausgaben zurückfahren, ist die Ausweitung des Verteidigungsbudgets auf das Doppelte schon ein ambitioniertes Ziel“, sagte er.

Österreichs Budget ist massiv unter Druck: Das Land weist eines der höchsten Schuldenniveaus in der EU auf, das Defizit lag zuletzt bei 4,7 Prozent – deutlich über dem EU-Kriterium. Der Internationale Währungsfonds prognostizierte jüngst sogar, dass Österreich als einziges Industrieland 2025 in die Rezession rutschen könnte. Die neue Regierungskoalition hat bereits ein Sparpaket von sechs Milliarden Euro angekündigt, um einem EU-Defizitverfahren zuvorzukommen. Viel Spielraum für Aufrüstung bleibt da nicht.

EU-Ausweichklausel soll helfen

Um dennoch investieren zu können, will Stocker auf die geplante EU-„Ausweichklausel“ setzen: eine Sonderregelung, die Ausgaben für Verteidigung vom Stabilitätspakt ausklammern soll. „Wenn wir sie nutzen können, werden wir sie auch nutzen“, sagte Stocker. Doch selbst wenn Brüssel grünes Licht gibt, könnten höhere Kreditkosten drohen – ein Risiko, das Stocker eingeht, während er sich bemüht, Österreichs Sonderstellung zu wahren.

Eine Neutralität mit Rissen

Österreichs Neutralität geht auf das Jahr 1955 zurück, als Gegenleistung für den Abzug sowjetischer Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg. Seither ist sie Teil der nationalen Identität geworden – für viele Bürger fast sakrosankt. Doch das militärische Umfeld hat sich dramatisch verändert.

Während Finnland und Schweden angesichts der russischen Invasion in die Ukraine ihre Neutralität aufgaben und der NATO beitraten, hält Wien weiter Abstand – trotz zunehmender Bedrohungsszenarien.

Die Ukraine ist weniger als 600 Kilometer von der österreichischen Ostgrenze entfernt, und mit russlandfreundlichen Regierungen in Ungarn und der Slowakei ist die strategische Lage fragil. Dazu kommt: westliche Geheimdienste warnen seit Jahren vor massiver russischer Einflussnahme auf österreichische Politik und Wirtschaft.

Nein zur NATO – ja zu Atomschirm

Trotz der Zurückhaltung bei der NATO sieht sich Österreich nicht als sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer. Stocker verweist auf die Beistandsklausel der EU, die auch Österreich schütze – und nach seiner Auslegung auch einen nuklearen Schutz einschließt:

Der französische Atomschutzschirm, so Stocker, „würde im Falle eines Angriffs auch Österreich schützen“.

Tatsächlich hat Frankreich seine Bereitschaft signalisiert, seine nukleare Abschreckung in einen europäischen Schutzschirm zu überführen – eine Idee, deren Umsetzung jedoch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde. Ob sie Österreich tatsächlich schützt, bleibt offen. Die französische Armee hat jedoch 300 Atomsprengköpfe in ihren Waffensystemen in Bereitschaft – alleine schon deshalb sind die Expertenmeinungen von einem „schon demnächst bevorstehenden russischen Angriff auf Westeuropa“ als absurd zu werten.

Stocker verfolgt bare ohnehin eine andere Vision für sein Land: Diplomatie statt Bündnistreue. Er möchte Wien als Plattform für Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg etablieren: „Wien war und würde sich aus meiner Sicht auch in Zukunft als Verhandlungsort für internationale Fragen anbieten. Das könnte auch eine Möglichkeit im Ukraine-Krieg sein.“

Doch die Ukraine hat bisher nicht positiv auf das Angebot reagiert – zu groß ist das Misstrauen gegenüber Österreichs Neutralität und seiner Rolle im Russland-Konflikt. Und auch der Kreml würde nicht in den nächsten zehn Jahren eine Konferenz in Österreich abhalten wollen: Zu massiv waren die Attacken der Mitgliedre der schwarz-grünen Ex-Regierung gegen Russland, zu undiplomatisch die Regierungsmitglieder.

Credits: APA

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