Als die Allianz im Jahr 2022 groß verkündete, über ihre Tochtergesellschaft öGIG eine Milliarde Euro in den Glasfaserausbau Österreichs zu investieren, klang das nach einem Befreiungsschlag für die digitale Infrastruktur des Landes. Glasfaser für eine Million Haushalte, insbesondere in ländlichen Regionen – ein Versprechen, das viele Hoffnungen weckte. Doch drei Jahre später ist Ernüchterung spürbar. Die Frage drängt sich auf: Was wurde aus dieser Milliardenoffensive – und wie transparent wird über Fortschritte und Hürden kommuniziert?
„Werte, die langfristig Bestand haben“
In der offiziellen Außendarstellung gibt sich die Österreichische Glasfaser-Infrastrukturgesellschaft weiterhin zukunftsgewandt. Man investiere in „Werte, die langfristig Bestand haben“, heißt es auf der Website des Unternehmens. Doch die konkreten Zahlen bleiben überschaubar: Bis Ende 2021 wurden laut einem Bericht der Kronen Zeitung rund 35.000 Anschlüsse realisiert – ein Jahr später waren es 70.000. Für ein Projekt dieser Größenordnung wirkt das eher wie ein vorsichtiger Startschuss als wie ein Ausbau mit Vollgas. Zwar gibt es ehrgeizige Pläne: In der Steiermark etwa sollen bis 2028 rund 50.000 Haushalte in über 30 Gemeinden angeschlossen werden – das verkündete die öGIG selbst in einer Presseaussendung. Und für das laufende Jahr seien Investitionen von über 260 Millionen Euro vorgesehen, so eine Meldung auf dem Finanzportal finanzen.at.
Keine konkreten Informationen
Doch wo genau diese Mittel aktuell landen, bleibt vage. Die angekündigte Milliarde an Eigenkapital soll laut öGIG „ein Gesamtinvestitionsvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro ermöglichen“. Konkrete Informationen über Baufortschritte, aktuelle Anschlusszahlen oder eine detaillierte Projektübersicht sind allerdings nicht auf Anhieb öffentlich einsehbar. In Zeiten, in denen die öffentliche Hand und private Haushalte zunehmend auf leistungsfähige Internetverbindungen angewiesen sind, wäre mehr Transparenz angebracht – zumal ein Großteil der versorgten Regionen von öffentlichem Interesse ist.
Personelle Veränderungen
Auffällig ist zudem die personelle Bewegung im Management: So wurde im Sommer 2024 bekannt, dass Alfred Pufitsch den Vorsitz der Geschäftsführung übernimmt. Pufitsch, zuvor unter anderem bei Magenta und UPC tätig, bringt umfangreiche Erfahrung aus der Telekommunikationsbranche mit und soll laut öGIG-Mitteilung vor allem die Bereiche Vertrieb und Vermarktung neu aufstellen. Dieser Schritt wird offiziell als Verstärkung kommuniziert – allerdings fällt auf, dass in den Monaten zuvor mehrere Führungsfiguren das Unternehmen verlassen oder ihre Positionen gewechselt haben. Eine offizielle Erklärung für diese Personalrochaden gibt es bislang nicht.
Verzögerungen – aber warum?
In der Branche wird indes hinter vorgehaltener Hand gemunkelt: Die Kommunikation sei intransparent, die Mittelverwendung schwer nachvollziehbar und der Fortschritt schleppender als gewünscht. Vor allem im Zusammenspiel mit lokalen Gemeinden soll es wiederholt zu Verzögerungen gekommen sein – sowohl aus regulatorischen als auch aus logistischen Gründen.
Glasfaserausbau als wirtschaftspolitisches Thema
Dabei steht einiges auf dem Spiel. Der Glasfaserausbau ist nicht nur eine technische Frage, sondern längst ein wirtschaftspolitisches Thema. Regionen ohne zuverlässige Anbindung verlieren Anschluss – wortwörtlich und wirtschaftlich. Gerade deshalb müsste ein Projekt dieser Größenordnung öffentlich nachvollziehbar, faktenbasiert und kritisch begleitet werden. Dass bislang keine unabhängige Evaluierung der Ausbaufortschritte vorliegt, ist angesichts der Größenordnung der Allianz-Investition zumindest bemerkenswert.
Zurückhaltende Kommunikation
Die Allianz selbst bleibt in ihrer Kommunikation auffällig zurückhaltend. Während andere Infrastrukturprojekte des Konzerns offensiv begleitet werden, ist über das österreichische Glasfasernetz kaum etwas in internationalen Publikationen zu lesen. Dabei wäre gerade bei langfristigen Anlageprojekten – laut Allianz handelt es sich explizit um eine solche – eine konsequente Zwischenbilanz angebracht.
Viele offene Fragen
Was bleibt, ist ein Bild mit vielen offenen Fragen: Wie viel der versprochenen Milliarden ist tatsächlich schon verbaut? Welche Regionen profitieren aktuell – und welche nicht? Wie steht es um die Kosteneffizienz und das Controlling in einem Projekt dieser Größenordnung? Und warum fehlt ein regelmäßiger, öffentlich einsehbarer Fortschrittsbericht?
Solange diese Fragen unbeantwortet bleiben, bleibt auch das Vertrauen in den versprochenen „Ausbau für Generationen“ brüchig. Das Ziel ist nach wie vor wichtig – vielleicht wichtiger denn je. Doch ob es mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, Geschwindigkeit und Transparenz verfolgt wird, muss sich erst noch zeigen.
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