Er galt als politischer Shootingstar: Karl-Heinz Grasser, jung, charmant, wirtschaftsliberal – und mit Anfang 30 bereits Finanzminister der Republik Österreich. Mit seinem charmanten Auftreten und einer Ehe mit Fiona Swarovski wurde er rasch zum Liebling der Medien. Doch was als kometenhafter Aufstieg begann, endete Jahre später in einem der größten Korruptionsprozesse der Zweiten Republik.
Im Zentrum der Affäre: Der Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004 – die sogenannte Buwog-Privatisierung. Grasser, damals als Finanzminister federführend, soll laut Anklage Informationen an Vertraute weitergegeben haben, damit diese einem bestimmten Bieter – der Immofinanz – zum Zuschlag verhalfen. Der Preis: Eine Provision von 9,6 Millionen Euro, die auf verschlungenen Wegen in die Taschen enger Vertrauter floss – und möglicherweise auch in seine.
Die Ermittlungen begannen Jahre später – und zogen sich hin. SMS-Nachrichten, dubiose Liechtenstein-Konten, und ein undurchsichtiges Netzwerk aus Lobbyisten, Ex-Politikern und Beratern rückten in den Fokus. 2017, fast 13 Jahre nach der umstrittenen Privatisierung, begann der Mammutprozess: 161 Verhandlungstage, dutzende Zeugen, tausende Seiten Akten.
Im Oktober 2020 dann das Urteil: 8 Jahre Haft für Grasser, nicht rechtskräftig. Der Vorwurf: Untreue, Bestechlichkeit und Geldwäsche. Auch seine Mitangeklagten – darunter Lobbyist Walter Meischberger und PR-Berater Peter Hochegger – wurden verurteilt.
Grasser beteuerte stets seine Unschuld, sprach von einer „politisch motivierten Hexenjagd“ und legte Berufung ein. Der Fall steht symbolisch für die Verquickung von Politik, Wirtschaft und persönlichen Netzwerken – und für die Schwierigkeiten, Machtmissbrauch in höchsten Ämtern juristisch aufzuarbeiten.
Jetzt endet der jahrelange Kampf mit der Justiz mit einer herben Niederlage für Grasser: Der OGH entschied, dass der Ex-Finanzminister vier Jahre lang in Haft muss – binnen der nächsten 30 Tage wird er seine Aufforderung zum Haftantritt zugestellt bekommen, dann muss der Ex-Politiker im Gefängnis sein.
Hier die Timeline zu den Ereignissen:
2000
2004
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Privatisierung der Buwog: Der Bund verkauft über 60.000 Bundeswohnungen.
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Zuschlag geht an die Immofinanz und Partner.
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Später stellt sich heraus: 9,6 Millionen Euro Provision wurden über Umwege an Lobbyisten wie Walter Meischberger und Peter Hochegger gezahlt.
2007
2009
2010–2014
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Intensive Ermittlungen wegen Verdachts auf Bestechung, Untreue und Geldwäsche.
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Grasser bestreitet sämtliche Vorwürfe.
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Medien berichten regelmäßig über neue Details zu Konten, Firmenkonstrukten (z. B. „Ferint AG“ in Liechtenstein) und SMS-Kommunikation („Wo woar mei Leistung?“).
2016
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Die Anklage wird fertiggestellt – sie umfasst mehr als 900 Seiten.
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17 Personen werden angeklagt, darunter Grasser, Meischberger, Hochegger u. a.
12. Dezember 2017
Oktober 2020
2021–2023
2024–2025
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Weiterhin laufende Verfahren, kein endgültiges Abschlussurteil (Stand Anfang 2025).
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Grasser äußert sich punktuell in Medien und bleibt bis zum heutigen Tag öffentlich präsent.
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Der Oberste Gerichtshof verurteilt Grasser zu vier Jahren Gefängnis, in Kürze muss er die Haftstrafe antreten.
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