Experte fordert: Gesundheitswesen auf Krieg vorbereiten

Experte fordert: Gesundheitswesen auf Krieg vorbereiten

Im deutschen Gesundheitswesen schrillen die Alarmglocken: Sollte es zum Nato-Bündnisfall oder gar zum Verteidigungsfall kommen, könnte das System schnell an seine Grenzen stoßen. Die Union bringt daher unterirdische Krankenhäuser ins Gespräch, während ein Bundeswehr-Kommandeur vor einer gewaltigen Belastung warnt: Bis zu 1.000 Verwundete pro Tag seien ein realistisches Szenario.

Normalerweise ist Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, nicht für dramatische Worte bekannt. Doch in der Welt wird er zitiert: „Wir haben keine Zeit. Alles, was wir jetzt tun müssen, müssen wir schnell tun – und dafür brauchen wir viel Geld.“

Seine Warnung trifft auf ernste Gesichter. Denn die Frage, ob das deutsche Gesundheitswesen für einen militärischen Konflikt gerüstet ist, gewinnt durch die geopolitische Lage an Brisanz. Was, wenn Russland das Baltikum angreift? Was, wenn ein Waffenstillstand in der Ukraine neue Herausforderungen bringt? Die Antworten fallen ernüchternd aus: zu wenig Personal, zu geringe Bettenkapazitäten, kein funktionierendes Patientenverteilungssystem. Kurz gesagt: Deutschland ist nicht vorbereitet.

Gesundheitswesen nicht für Krieg gerüstet

Schon 2023 kam der Sachverständigenrat der Bundesregierung zu dem Schluss, dass das Gesundheitswesen ein „Schönwetter-System“ sei, das auf Krisen nur unzureichend reagieren könne. Jetzt hängen viele Hoffnungen an einem geplanten Sondervermögen für Infrastruktur. Doch ob und wie viel davon tatsächlich in die Kliniken fließt, bleibt offen.

Generalstabsarzt Johannes Backus, stellvertretender Inspekteur der Bundeswehr-Gesundheitseinrichtungen, bringt es auf den Punkt: „Wir müssen mit bis zu 1000 Verwundeten pro Tag rechnen.“ Die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch ein militärisches Krisenszenario werde darin nicht berücksichtigt. Vor allem die geplante Reduzierung der Krankenhausbetten könnte sich im Ernstfall rächen.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) schlägt in dieselbe Kerbe: Die Kapazitäten müssten dringend überprüft werden. Doch während einige für eine dezentrale Struktur plädieren, setzen andere auf Zentralisierung und High-Tech-Kliniken. Intensivmediziner Christian Karagiannidis warnt indes vor einem falschen Fokus: Mehr Betten nützen nichts, wenn das Personal fehlt. Schon während der Corona-Pandemie mussten Krankenhäuser Patienten abweisen, weil es an Pflegekräften mangelte. Ein eigens errichtetes Reservekrankenhaus in Berlin blieb gänzlich ungenutzt.

Besonders weit geht die Forderung von CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge: Deutschland solle sich ein Beispiel an Israel nehmen und Krankenhäuser unterirdisch anlegen, um sie gegen Luftangriffe zu schützen. Ob die Finanzierung dafür aus dem Infrastruktur-Sondervermögen oder aus dem Verteidigungsetat kommen soll, bleibt umstritten. Klar ist nur: Die Zeit drängt. Spätestens eine neue Bundesregierung unter Friedrich Merz (CDU) wird sich der Frage stellen müssen, wie das deutsche Gesundheitswesen krisensicher gemacht werden kann. Denn eines ist sicher: Der nächste Notfall kommt bestimmt.

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